Vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus mit der Entscheidung, dass katholische Geistliche gleichgeschlechtliche Verbindungen nicht segnen können, viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Und ich muss zugeben: Ich war einer davon.
Ich bin froh darüber, dass sich zwischenzeitlich viele kirchliche Würdenträger im deutschsprachigen Raum zu Wort gemeldet haben. Aber weil ich nicht verstehen kann, warum Autos, Fleisch, Panzer und Co., aber keine Homo-Paare gesegnet werden können, habe ich hier ein paar Gedanken:
Worum geht es da eigentlich?
Die Entscheidung wird von der Kirche damit begründet, dass Gott „nicht die Sünde segnet“. Es wird zwar anerkannt, dass „positive Elemente – die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind“ vorhanden sind. Aber all diese „positiven Elemente“ trotzdem nicht in der Lage seien, sie zum „Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist“.
Verwiesen wird dabei auf das Schreiben „Amoris laetitia“ („die Freude der Liebe“), das genau heute vor fünf Jahren, am Josefitag 2016, veröffentlicht wurde. Auch hier wird klargestellt, dass es kein Fundament gäbe „zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“.
Die Möglichkeit zur Segensspende für einzelne Homosexuelle sei auch nur eingeschränkt und jenen offen, „die den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden“ – sprich ihre Sexualität nicht ausleben.
Warum ist dir das eigentlich wichtig?
Glaube und Kirche waren und sind kein umfassender, aber dennoch fixer Bestandteil meines Lebens. Anders gesagt: Das Gebet, die Messfeier, der Glaube an das ewige Leben und die Erlösung haben einen Wert für mich, geben mir Halt und auch ein gewisses Maß an Orientierung. Aus diesem Grund heraus verletzt es mich auf einer persönlichen Ebene.
Gleichzeitig ist die katholische Kirche moralisches Maß für viele Millionen Menschen. Ihre Aussagen und Auslegungen haben daher ganz direkte Konsequenzen. Nach wie vor trauen sich viele Jugendliche nicht jenes Leben zu führen, das sie möchten. Es gibt nach wie vor eine deutlich höhere Suizid-Rate in der LGBTQ+-Community.
Nicht zuletzt leiden nach wie vor viele Menschen unter staatlichen Repressalien bis hin zur Todesstrafe, die auf Basis von religiösen Regeln gerechtfertigt werden.
Was erwartest du dir denn auch?
Ich erwarte mir mit Sicherheit keine katholische Hochzeit. Ich würde mir aber Akzeptanz in der katholischen Kirche erwarten. Es gibt viele Homosexuelle, die sich selbst als Christen und Katholiken identifizieren und ihren Glauben auch ernst nehmen und leben. Die Anerkennung dieser Realität würde Vieles in unserer Gesellschaft vereinfachen.
Dankbar bin ich deshalb für Aussagen, die in den letzten Tage von kirchlichen Würdenträgern getätigt wurden. In Österreich hat sich etwa Bischof Benno Elbs als einer der ersten gemeldet und hervorgestrichen, dass Papst Franziskus zivilrechtliche Regelungen ausdrücklich begrüßt hat. „Diese Wertschätzung darf jedoch nicht nur auf Worte beschränkt bleiben, sondern muss sich auch im seelsorglichen und liturgischen Handeln der Kirche abbilden“, wird der Bischof der Diözese Feldkirch im ORF Vorarlberg zitiert.
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler geht zwar nicht soweit, Segnungen von Paaren ermöglichen zu wollen, aber hält immerhin als in Österreich zuständiger Bischof für Familie und Ehe fest: „Wir möchten als Kirche allen schwulen, lesbischen und in ihrer Sexualität unsicheren Menschen ein Willkommen und eine spirituelle Heimat in der Kirche anbieten – und dies nicht erst dann, wenn sie enthaltsam leben.“
"Als Kirche dürfen wir homosexuelle Paare jetzt nicht alleine lassen." Erzbischof Franz Lackner
Sehr deutlich hat sich schlussendlich auch der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner geäußert: "Wenn in gleichgeschlechtlichen Beziehungen Werte wie Liebe, Freundschaft, Fürsorge oder Verantwortung gelebt werden, verdient dies Respekt und ein positives Echo der Kirche. Dass hier durch die Kirche gar keine rituelle Begleitung möglich ist, fällt schwer zu glauben."
All das jetzt wofür?
Der Aufschrei bei vielen Gläubigen über diese Entscheidung war groß und diese Stimmen sollten Gehör finden. Zumindest in Teilen der Kirche sieht man das ähnlich. Schade ist, dass diese Stimmen vor allem aus dem Westen Österreichs kommen und man etwa in der Diözese St. Pölten noch nichts gehört hat..
Für mich ist klar: Auch wenn sich Kirche nicht in Politik und Politik nicht in die Kirche einmischen sollte, so haben gerade wir PolitikerInnen auch die Aufgabe zu sagen, was wir im Blick auf die Gesellschaft für gut und richtig halten.
Die Entscheidung der Katholischen Kirche reißt Wunden auf, sie sorgt in verkürzter Lesart für Legitimation von Intoleranz und bleibt damit auch hinter früheren Aussagen des Papstes zurück. Schade.
Aus diesem Grund gilt mein Dank um so mehr jenen Kirchenvertretern die hier klar und deutlich Stellung beziehen und versuchen die Wunden, die man in Rom aufgerissen hat, in Österreich zu verarzten.
Weiterführende Hinweise:
Mehr zu den Entscheidungen der Kirche könnt ihr hier nachlesen:
Hier findet ihr die Stellungnahme von Erzbischof Lackner:
Fotohinweise:
Foto Bischof Elbs: Katholische Kirche Vorarlberg / Dietmar Mathis
Foto Bischof Glettler: Diözese Innsbruck
Foto Erzbischof Lackner: Josef Kuss; foto-kuss@aon.at
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